"Die Kosten für die Raumfahrt waren vor einem Jahrzehnt wahnwitzig;
heute sind sie noch übermäßig hoch.
In ein paar Jahren werden sie überspannt sein und gegen Ende dieses Jahrhunderts nur mehr teuer."

Arthur C. Clarke, Science Fiction Autor, 1975


Zunächst verbucht die NASA den ersten Erfolg im neuen Jahr.

Am 22. Januar 1968 verläuft mit dem Start von APOLLO 5 der erste Test der amerikanischen Mondlandefähre LUNAR MODULE (LM) erfolgreich.

Auch der nächste Flug, Apollo 6, verläuft reibungslos.

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Die Sowjets ziehen zwei Monate später nach.
Die Weltöffentlichkeit erhält im März 1968 erste offizielle Nachrichten vom L-1-Projekt. Der unter dem Decknamen SOND 4 gefeierte Start des unbemannten SOJUS-Schiffes funktioniert, wiederum ist die Flugbahn zur Täuschung der Öffentlichkeit entgegengesetzt zur Mond-Erde-Linie ausgerichtet, wieder ist offiziell der Mars das Ziel.

Doch dieses Mal soll das Raumschiff zur Erde zurückkehren und sicher landen. Eine technische Panne verschiebt den anzuvisierenden Landepunkt in den Golf von Guinea - und das Raumschiff versinkt in den Tiefen des Ozeans und liegt dort noch heute!


Abb. 23-1

Risszeichnung

SOJUS/ L1-Raumschiff

als SOND 4 - 8
ohne Orbitalmodul getestet

Abb. 23-1  SOJUS/ L1 - (unbemanntes) Mondraumschiff

Der nächste anberaumte Flug im April schafft es noch nicht einmal in den Erdorbit.

Im Juli gar werden drei Arbeiter getötet, als während einer Testphase ein Überdruck im Sauerstofftank der vierten Triebwerksstufe des PROTON-Trägers entsteht und zur Explosion führt; dieser L1-Flug muss gestrichen werden.

Solche Unfälle häufen sich in den Jahren 1967-69. Die Hauptursachen sind völlig überarbeitete Konstrukteure, Ingenieure, Techniker, Handwerker, Arbeiter ..., Menschen, die unter großem äußeren Druck stehen - den Mondwettlauf soll die Sowjetunion unbedingt gewinnen.
Sogar die Kosmonautengruppe drängt.
Die Männer wollen endlich fliegen, sie sind die Übungen satt!
Außerdem hoffen sie, dass die Ingenieure mehr Sorgfalt walten lassen, wenn sie wissen, dass in dem von ihnen betreuten Raumschiff Menschen sitzen werden.

Eine sowjetische Form des Harakiri?


Schwenken wir nun kurz zum Mondlandeprogramm N1-L3:

Inzwischen ist die Infrastruktur der N1-Trägerrakete so gut wie komplett.
Beide Abschussrampen sind in Baikonur fertiggestellt, eine gigantische Anlage ist entstanden:

An einer Seite eines senkrecht aufgestellten Boosters befindet sich ein 140 Meter hoher rotierender Wartungsturm. Nach einem Start schwenkt er um 180 Grad weg von der Rampe. In der Nähe des Boosters steht neben der Transportgleisanlage ein 100 m hoher Betankungsturm. Die Rampe und die beiden Türmen werden durch vier weitere 183 m hohe Türme, die im Abstand von 150 m zum Abschusskomplex ein Quadrat bilden, gegen Blitzeinschlag gesichert.

Im Mai wird der erste Booster mit der Bezeichnung N1-4L an der Ostrampe aufgestellt.


Abb. 23-2

N1-4L

Frühe N1-Version

Abb. 23-2   N-1 - Version von 1962

 


Ein Start ist für September vorgesehen. Doch man muss Haarrisse in dem Oxidationstank der ersten Stufe entdecken.
Die Rakete muss zurück in die Lagerhalle gebracht werden, die erste Stufe von N1-4L wird ausgeschlachtet, die anderen Stufen in die 1M-Testversion eingebaut.
Bis Ende September wird dieser N1-N1M-Booster an der Abschussrampe aufgestellt - für Bodentests, und für Übungen der Kosmonautencrews.

Auch spionierende CIA-Agenten schauen besorgt zu!
Was geschieht in Baikonur?
Welch riesige Rakete haben die Sowjets gebaut?
Steht ein Mondflug kurz bevor?
Hat German Titow recht, der im Oktober auf einem Kongress in Mexiko City verkündete, er sei sicher, dass die Sowjetunion die ersten auf dem Mond sein werden?

Im Dezember wird die zweite Trägerrakete mit der Kennung N1-3L aufgerichtet, noch ohne Nutzlast ...


19. August 1968 - kehren wir zurück zum L-1-Mondumflugprogramm:

Nun sind es die Amerikaner, die die Sowjets schocken!
Sie kündigen für den Dezember eine bemannte Mondorbitmission an, vorausgesetzt der vorausgegangene Jungfernflug mit APOLLO 7 im Erdorbit verlaufe günstig!

Der neue Chefkonstrukteur Wassili Mischin und seine Gefolgsleute müssen gedacht haben, die US-Boys um den Deutschen Wernher v. Braun seien nicht recht bei Sinnen; ein Raumschiff bei seinem erst zweiten Testflug gleich mit menschlicher Besatzung zum Mond zu schicken, das ist doch heller Wahnsinn!

Aber es könnte ja wahr sein...

Die erste sowjetische, bemannte ist erst für den Januar 1969 anberaumt und das ist schon sehr knapp kalkuliert.


Der Wettlauf zum Mond entscheidet sich im Herbst des Jahres 1968.

Als erste schickt die UdSSR das unbemannte Raumschiff SOND 5.

auf die Reise zum Mond. Alles klappt bestens:
Das L-1-Raumschiff schwenkt in einen Mondorbit ein, es fotografiert den Mond ausführlich und hält so mögliche Landeplätze für spätere L-3-Flüge fest.
SOND 5, das erste Raumschiff im Mondorbit, sorgt im Westen für eine Sensation. Eine Beobachtungswarte empfängt vom Mond eine Sendung in russischer Sprache!
Also ist ein Kosmonaut an Bord!???

Doch es ist nur ein Experiment mit einem Tonbandgerät, welches die Funktionalität der Kommunikationssysteme des Raumschiffes testet.
In den USA wischt man sich den Angstschweiß von der Stirn ...

Bis auf die Landung verläuft der L-1-Flug erfolgreich:
Wieder landet ein sowjetisches Raumschiff im Ozean, dieses Mal im Indischen. Glücklicherweise - durch die sowjetische Brille gesehen - kann ein Schiff der eigenen Marine das Raumschiff bergen.
Die Tiere (Tauben und Fliegen), für biologische Experimente an Bord, haben den Absturz überlebt.


Am 11. Oktober

schlagen die Amerikaner zurück. Die Astronauten Walter Cunningham, Don Eisele und Walter Schirra

umfliegen mit APOLLO 7

elf Tage lang die Erde.

Abb. 23-3a   APOLLO 7 - Crew : Walter Cunningham, Don Eisele und Walter Schirra Missionsemblem
Abb. 23-3b  APOLLO 7 - Emblem
Abb. 23-4  CSM-Modul

Abb. 23-3 a

Crew
(Walter Cunningham, Don Eisele und Walter Schirra)
erprobt in einem Erdorbit erfolgreich das CSM-Modul.


Abb. 23-3

APOLLO 7

(Links zu Medien)

 


Abb. 23-4

Apollo 7 - CSM


Abb. 23-5
Georgi Beregowoj

(SOJUS 3 - Kommandant)

Abb. 23-5  Georgi Beregowoj (SOJUS 3)

Einen Tag später antwortet die Sowjetunion auf ihre Weise:
Mit dem ersten bemannten SOJUS-Flug nach dem schrecklichen Unfall Komarows.

Ihr mit 47 Jahren ältester Kosmonaut Georgi Beregowoj praktiziert mit SOJUS 3 ein Fast-Andockmanöver.
Er nähert sich mit SOJUS 3 handgesteuert bis auf 200m dem unbemannten SOJUS-2 Schwesterschiff.


Alles hing nun für die UdSSR von dem SOND 6-Flug im November statt. Man weiß, dass die Amerikaner für den 21. Dezember den Mondumflug von APOLLO 8 fixiert haben. Wird SOND 6 ein voller Erfolg, gibt es noch eine kleine Chance, den nächsten Flug im Dezember, vor APOLLO 8, bemannen zu können ...

Wieder geht alles anfangs gut:
der Start, der Flug zum Mond, der Eintritt in die Erdatmosphäre.
Die Landung endet jedoch in einer einzigen Katastrophe.
Eine, wenige Stunden vorher spröde gewordene Gummidichtung lässt den Druck in der Kapsel auf einen Wert sinken, den mitfliegende Menschen nicht überlebt hätten.
Dann öffnet sich der Bremsfallschirm zu früh, er kann seine Wirkung nicht voll entfalten und die Kapsel prallt auf den Boden.
Auch eine solche Bruchlandung hätten Kosmonauten nicht überlebt.

Eine Niederlage darf zwar weiterhin nicht eingestanden werden:
Nach außen verkaufen die Führungskräfte den Flug von ZOND 6 als vollen Erfolg. Immerhin konnte man die wertvollen Fotografien bergen!



Demzufolge befürchtet die USA das Schlimmste.
Denn das Startfenster für einen Flug zum Mond öffnet sich für die Sowjets zwei Wochen früher als für die Amerikaner.

Auch die L1-Kosmonautencrew befürchtet das Schlimmste.
Sie schreibt einen Brief an das Politbüro und bittet um die Genehmigung für einen bemannten Flug.
Ja, die Männer reisen sogar auf eigene Faust nach Baikonur, um für einen kurzfristig anberaumten Start sofort zur Verfügung zu stehen. Sie sind bereit ihr Leben zu riskieren, um den "Sieg" noch zu ermöglichen.
Doch kein "Marsch"Befehl erreicht sie aus Moskau ...

... und so müssen sie zwei Wochen später ohnmächtig zusehen,

... wie die APOLLO 8-Astronauten Bill Anders, Frank Bormann und Jim Lovell als erste Menschen den Mond umrunden!
Gleichzeitig ist es der erste bemannte Start einer
SATURN V-Trägerrakete.


Abb. 23-6

APOLLO 8

Abb. 23-6c  Gedenkmarke mit den biblischen Worten, die die APOLLO8-Crew den Menschen am Weihnachtsabend aus 180.000 km Entfernung vorliest.
Abb. 23-6b  APOLLO 8 - Emblem Abb. 23-6a  APOLLO 8 - Crew: Jim Lovell, Bill Anders und Frank Bormann


... bringt die ersten Menschen in eine Mondumlaufbahn.

Die Astronauten Jim Lovell, Bill Anders und Frank Bormann genießen am Heiligabend den Blick auf den Erdtrabanten und ihren im All blau leuchtenden Heimatplaneten.
(Links das Missionsemblem, rechts eine Gedenkmarke mit den biblischen Worten, die die Crew den Menschen auf der Erde vorliest.

Quicktime Movie (externer Link zur NASA - 2,4MB)

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Letztes Update dieser Seite am 25.07.2003

Kapitel 23

1968 - Der Mondwettlauf geht in seine heiße Phase